Dr. John Watson saß am Fenster seiner Praxis und blickte nachdenklich in die neblige Straße hinaus. Es waren zwei Wochen vergangen, seit Sherlock Holmes sich auf sein erstes richtigen Erholungsurlaub begeben hatte. Nachdem er einen besonders kniffligen Fall erfolgreich gelöst hatte, war es Watson gewesen, der ihm dringend geraten hatte, sich eine Auszeit zu nehmen. „Holmes, Ihr Geist braucht Ruhe“, hatte er gesagt. Zu seiner Überraschung hatte Holmes ohne große Gegenwehr zugestimmt und war in einen abgelegenen Wohnwagen im Süden Englands aufgebrochen.
Zwei Wochen ohne auch nur eine Zeile von ihm – das war ungewöhnlich. Holmes' Schweigen ließ Watson keine Ruhe. Am dritten Tag des Wartens schlich sich ein unangenehmes Gefühl in seine Gedanken, das sich nicht mehr abschütteln ließ. Schließlich entschloss er sich, nachzusehen.
Am nächsten Morgen machte sich Watson auf den Weg. Die Fahrt durch das englische Hinterland war lang und von düsterem Wetter begleitet, als ob die Natur selbst ihm einen unheilvollen Hinweis geben wollte. Gegen Nachmittag erreichte er den Wohnwagen, den Holmes bezogen hatte. Er lag einsam und ruhig an einem bewaldeten Hang, umgeben von dichten Bäumen und über einem träge dahinfließenden Bach.
Watson klopfte an die massive Tür, doch nichts regte sich. Ein zweites, kräftigeres Klopfen folgte, doch wieder blieb es still. Er legte das Ohr an die Tür – keine Schritte, kein Geräusch von innen. Besorgt klopfte er noch lauter, bis schließlich seine Faust im Takt seines beschleunigten Herzschlags gegen die Tür donnerte.
„Holmes! Sind Sie da?“ rief er, doch nur der Wind antwortete ihm. Die Stille war beinahe unheimlich.
Ohne lange zu zögern, versuchte Watson die Tür zu öffnen – verschlossen. Da packte ihn die Unruhe. Holmes wäre niemals so unaufmerksam gewesen, nicht auf ein solches Klopfen zu reagieren. Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht.
Watson begab sich um den Wohnwagen herum. Durch ein Fenster spähend konnte er den Raum einsehen, in dem Holmes sich normalerweise aufhalten müsste. Auf dem Schreibtisch stand einsam seine Schreibmaschine, im Kamin knisterte ein Feuer, doch von Sherlock Holmes war weit und breit keine Spur zu sehen. Die Pfeife, die Holmes stets in greifbarer Nähe hatte, lag unbenutzt auf dem Regal neben einem Stapel Bücher.
Nach einigen kräftigen Versuchen gelang es ihm, das Schloss zu knacken und die Tür zu öffnen. Mit einem unguten Gefühl trat er ein. Die stickige Luft im Inneren schien seit Tagen nicht bewegt worden zu sein, doch nichts wirkte auffällig unordentlich. Alles war an seinem Platz – bis auf eine entscheidende Sache: Sherlock Holmes war spurlos verschwunden.
Watson setzte sich an den Tisch, zog einen Stuhl heran und versuchte, die Gedanken seines Freundes nachzuvollziehen. Ein Stück Papier, das in der Schreibmaschine zurückgelassen wurde, erregte seine Aufmerksamkeit. Er zog es heraus und las die Zeilen.
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